Partnerschaftslauf Dresden-Florenz

    Die Dresdner liefen nach Florenz

    (Auszüge aus einem 1994 überregional veröffentlichten Beitrag von Wolf-Henning Hartwig)

    Dass die Sachsen ein reiselustiges Völkchen sind, ist allerorten bekannt. Was Wunder also, wenn sie die gewonnene Reisefreiheit ausgiebig nutzen und ihren unverkennbaren Dialekt bis in die entlegensten Winkel unseres Planeten verbreiten. So auch Dresdens Freizeitläufer, die in den letzten vier Jahren wohl auf fast allen Laufstrecken der Welt ihre Fußspuren inklusive zahlreicher Schweißtropfen hinterlassen haben.

    Was sich aber vom 1. bis 7. Juli dieses Jahres abspielte, kann getrost als bisher einmalig bezeichnet werden: 49 Hobbyläufer, unterstützt von 16 eng mit dem Sport verbundenen Kraftfahrern und Betreuerinnen, unternahmen einen Staffellauf über 1230 km von Dresden über Salzburg nach Florenz. Die Route war nicht zufällig gewählt, gehören doch beide Stationen des Laufes zu Dresdens Partnerstädten. So trug das Unternehmen zu Recht den Namen "Partnerschaftslauf 1994".

    Oberstes Anliegen des Partnerschaftslaufes, darin waren sich Initiatoren wie Förderer einig, sollte der Ausbau sportlicher und menschlicher Kontakte zwischen den Partnerstädten, das bessere Kennenlernen der durchlaufenen Regionen und damit ein Beitrag zur Annäherung der Menschen in Europa sein. Es konnte nicht treffender formuliert und gewürdigt werden als durch ein Grußwort, das Frau Prof. Dr. Rita Süßmuth, die Präsidentin des Deutschen Bundestages, als Schimherrin des Laufes allen Beteiligten entbot.

    Ergänzt wurde dieses Hauptanliegen durch weiter, sozusagen "interne" Zielstellungen. Dazu gehörten: Die Freude am Laufen und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Freizeitläufer zu fördern, das sportliche Hobby mit kulturellen und touristischen Elementen zu verbinde, den Teilnhemern nicht alltägliche sportliche Herausforderungen zu bieten und nicht zuletzt auch etwas Abenteuerlust und Entdeckerfreude zu vermitteln.

    Sowohl die Zusammensetzung der Teilnehmer als auch der organisatorische Ablauf des Unternehmens entsprachen seinen Zielstellungen in geradzu idealer Weise.

    Dem harten Kern der Ausdauerläufer vom TSV Bühlau/Bad Weißer Hirsch gesellten sich Sportler aus einem guten Dutzend Vereine in und um Dresden bei, wobei die Radeberger Läufer eine besonders starke "Gästetruppe" stellten und die Weixdorfer Betreuermannschaft besonders erwähnt werden muss.

    Interessant ist schließlich auch, dass immerhin 13 Ehepaare sowie 5 Teilnehmerkinder mit von der Partie waren, ob als Aktive, Betreuer oder Fahrer. Familie und Sport sind offensichtlich recht gut vereinbar, und gerade solche gemeinsame Höhepunkte vermögen das wirksam zu befördern.

Die Organisation unterlag neben den Zielen des Laufes zusätzlichen Randbedingungen. So mussten geringer Zeitbedarf und minimale Kosten angestrebt werden, denn alle Teilnehmer hatten Urlaubstage zu nehmen und einen großen Teil des finanziellen Aufwandes selbst zu tragen. Hinzu kamen landschaftlicher Reiz und Verkehrsdichte der auszuwählenden Straßen, kostengünstige, gut ausgestattete und erreichbare Übernachtungsmöglichkeiten auf Campingplätzen und vieles andere mehr.

Wie real der aufgestellte Ablaufplan eigentlich war, vermochte zu Beginn keiner einzuschätzen. Auf den Straßen zwischen Dresden und Florenz hat er seine Bewährungsprobe glänzend bestanden. Die höchste Verspätung an einer Ablösestelle betrug 30 Minuten, und die waren durch eine nicht vorherzusehende Umleitung zustandegekommen. Ansonsten konnte man fast die Uhr nach den Läufern stellen - ein Riesenkompliment für die Planung, aber auch für die Zuverlässigkeit aller Beteiligten.

Am Freitag, dem 1. Juli, entwickelte sich ab 13 Uhr neben dem üblichen Touristentreiben und dem Gewimmel des Katholikentages vor der Goldenen Pforte des Dresdner Rahauses eine weitere Menschenansammlung ganz ungewähnlicher Art. Da wurden Gepäckstücke gestapelt, umgepackt und verstaut, die T-Shirts mit dem Logo des Laufes übergestreift, verschiedene Kopfbedeckungen zum Schutz gegen die Sonne erprobt, erste Gruppenfotos geschossen, Interviews gegeben und auch gelegentlich leichte Aufwärmübungen betrieben.

Neben dem Laufteam A, das den Start zu vollziehen hatte, waren auch fast alle Teilnehmer der anderen Gruppen erschienen - ein schöner Beweis für das über die gesamte Strecke empfundene Gemeinschaftsgefühl.

Darüber hinaus, und das ist besonders erwähnenswert, waren zahlreiche Dresdner Freizeitläufer gekommen, um ihre Sportfreunde zu verabschieden und sie nach Möglichkeit auf den ersten Kilometern zu begleiten. Die Größe des Konvois bahnte sich den Weg durch das Fahrzeuggetümmel, ohne dass gesonderte Absperrungen erforderlich waren.

Es würde den Rahmen eines Berichtes weit übersteigen, alle mitteilenswerten Ereignisse, Begebenheiten und Eindrücke von der Laufstrecke und den einzelnen Stationen festzuhalten.

Deshalb im folgenden nur einige Impressionen aus subjektiver Sicht:

Läuferisch anspruchsvoll war die Strecke nicht wegen ihrer Länge, die weitaus höheren Anforderungen stellten das schwierige Profil und die zeitweise erbarmungslose Hitze. Immerhin waren mit dem Erzgebirge, dem Bayerischen Wald, den Alpen, den Dolomiten und den Apenninen für respektable Gebirge zu überwinden, und der Zeitplan sah auch für längere Berganstrecken noch ein Durchschnittstempo von 10 km/h vor. So mancher der Teilnehmer war hinterher selbst erstaunt, wie er im Sog der anderen und im Hochgefühl der vollbrachten Leistung bis zu 4 Kilometern in beachtlichem Tempo ununterbrochen bergauf gelaufen war.

Von Beginn an herrschten hochsommerliche Temperaturen, so dass die gelegentlichen Nachtstrecken durchaus nicht als Strapaze empfunden wurden.

Nicht das zwanzigminütige Laufen unter diesen Bedingungen war das härteste, sondern das einstündige Schwitzen im Auto bis zum nächsten Einsatz. Keiner der Aktiven bedauerte es jedoch, sich diesen Anforderungen gestellt zu haben, und alle kehrten gesund und ohne jegliche Verletzungen von diesem Abenteuer zurück.

Sicher reichte die knapp bemessene Zeit nicht aus, die kulturellen, historischen und landschaftlichen Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke zu besichtigen, aber jeder hatte die Möglichkeit, sich einen groben Überblick zu verschaffen und danach ausgewählte Kostbarkeiten gründlicher zu genießen: Zeit für individuelle Unternehmungen blieb allemal, wenn auch manchmal auf Kosten des nächtlichen Schlafes.

Die ausgetauschten Laufhemden sowie weiteren Trophäen werden sicher nicht die einzigen Zeugen der begonnenen Partnerschaft bleiben; dazu sollen die gegenseitigen Einladungen für zukünftige Laufveranstaltungen beitragen.